Dienstag, 29. Mai 2012

Der Sucher - keine Tatsachengeschichte

Es war einmal ein Sucher. Sucher war kein ehrbarer Beruf, als Sucher war man in Gefahr Dinge zu finden, die von den Bewohnern abgelehnt wurden, weil diese Dinge andersartig, neuartig waren. Als Sucher ging man das Risiko ein anderen Wesen zu begegnen, von denen die Bewohner schauderhafte Geschichten erzählten, die sie versuchten zu vertreiben und zu vernichten.

Eines Tages ging der Sucher wieder los. Wie er so wanderte begegnete er einer Frau, er unterhielt sich mit ihr, trank mit ihr. Sie hatte keinen Argwohn gegen den Sucher. Sie lud den Sucher ein, ein Stück des Weges mit ihr zu gehen. Da sie so freundlich zu ihm war begleitete er sie gerne. Sie erzählte ihm immer mehr und erzählte ihm von einem Tempel, sie erzählte ihm, dass sie in diesem Tempel eine geweihte Priesterin sei. Er wurde neugierig und bat sie ihm den Tempel zu zeigen. Gerne willigte die Priesterin ein und zeigte ihm den Tempel. Neugierig wie der Sucher war bat er die Priesterin ihm auch den Kult zu erklären, zu zeigen, mit ihm die Messe zu feiern. Die Priesterin erklärte ihm alles und erzählte ihm auch, dass nach dem Ritus nichts mehr so sein würde wie vorher, er könne zurückkehren in sein altes Leben, er solle sich aber davor hüten von dem Erlebten zu erzählen, da die Bewohner ihn sonst ausstoßen würden. Sie die Priesterin war eines dieser Wesen, die die Bewohner hassten.
Alles was ihm die Priesterin erzählte gefiel dem Sucher und so bat er sie noch einmal, den Ritus zu zelebrieren. Was der Sucher erlebte faszinierte ihn, fesselte ihn und er schwor sich diesen Ritus immer wieder zu feiern. Die Priesterin versicherte ihm, dass er willkommen sei wenn er das Ritual mit ihr zelebrieren wolle.


Der Sucher machte sich auf den Weg zurück in sein Dorf.

Fortan besuchte der Sucher die Priesterin bei seinen Wanderungen immer wieder und gemeinsam feierten sie das Ritual. Der Sucher dachte darüber nach warum die Bewohner immer so schlecht von den Wesen sprachen, sie so verachteten – er fand keinen Grund dafür, wusste aber, dass er den anderen nichts von der Priesterin erzählen durfte da sie ihn sonst davonjagen würden vielleicht sogar umbringen würden.

Eines Tages sah der Sucher bei seiner Wanderung wieder eine Frau, er beobachtete sie eine Weile. Fast sah es für ihn so aus, als sei sie eine Sucherin wie er, dann bemerkte er kleine Unterschiede. Sie pflückt immer wieder Kräuter einer bestimmten Sorte. Er kannte diese Kräuter auch, hatte er sie doch früher auch gerne genossen und die Priesterin benutzte diese Kräuter bei ihrem heiligen Ritus. Die Frau pflückte mit Vorliebe von den Kräutern die kräftig waren, schon eine Weile die Kräfte der Natur in sich aufgesogen hatten, aber noch nicht zäh und schrumplig waren.
Als sie alle Kräuter gepflückt hatte die ihr gefielen war sie etwas unschlüssig, anscheinend wollte sie noch mehr fand aber nur noch ganz frische Kräuter, sie zögerte, sollte sie es riskieren häufig waren die jungen Kräuter entweder fast geschmackslos oder hatten noch solche Nebenwirkungen, dass man davon richtig erkranken konnte. Da sprach der Sucher sie an.

„Ich glaube nicht, dass diese jungen Kräuter für Dich geeignet sind, Du solltest noch an anderen Stellen suchen.“

Die Frau stutzte. Wer war dieser Mann. Woher wusste er von den Kräutern.

„Auf der Suche bin ich eigentlich nicht. Ich lass es einfach auf mich zukommen, wenn ich die passenden Kräuter finde, dann pflücke ich mir gerne welche. Aber sonst so... Sag mal, kennen wir uns?“

Weil der Sucher in seinem Leben, bei seinen Wanderungen schon so vielen Menschen begegnet war, war er unschlüssig, konnte diese Frau irgendwann einmal eine Bewohnerin gewesen sein? Er stellte sich der Frau vor, erzählte ihr kurz woher er kam. Die beiden stellten fest, dass sie sich nicht kannten, die Unterhaltung aber so anregend war, dass sie noch lange erzählten.

Es wurde immer dunkler und so mussten sich der Sucher und die Frau trennen, verabredeten aber sich wieder zu treffen.
Am nächsten Tag war der Sucher ganz aufgeregt, zog los, verrichtete so schnell als möglich sein Tagwerk um die Stelle aufzusuchen an der er sich mit der Frau verabredet hatte. Wieder erzählten sie sich von ihrem Leben, ihren Sorgen und Ängsten. So ging das einige Tage, bis der Sucher die Frau fragte, ob sie denn auch eine Sucherin sei.
Die Frau verneinte die Frage und lud ihn ein mit ihr zu kommen. Da der Sucher seit der Begegnung mit der Priesterin keine Angst mehr vor den Wesen hatte ging er gerne mit der Frau. Sie kamen an eine kleine unscheinbare Hütte auf einem Berg. Es war bereits Nacht als der Sucher sein Lager aufschlug. Dabei achtete er darauf, dass er der Frau ihren Raum in der Hütte lies. Beide schliefen erschöpft ein. Am nächsten Morgen berichtete die Frau von ihrem Traum der Nacht, dabei beobachtete sie den Sucher sehr genau, beobachtete die Reaktionen, das Minenspiel.
Nach einer Weile stand sie auf, ging zu einem Schrank, öffnete ihn und kramte darin. Sie bat ihn sich umzudrehen bis sie bereit sei ihm alles zu zeigen. Dann durfte sich der Sucher umdrehen. Vor ihm lagen zwei Gegenstände die die Frau im Schrank gesucht hatte.

Ein in Leder gebundenes, kunstvoll verziertes Buch und ein unscheinbarer Stock, fast ein Ast.

Die Frau begann zu erklären: „Ich habe dich beobachtet, dir zugehört. Dabei habe ich festgestellt, dass du in Wirklichkeit kein Sucher bist, du bist nicht einmal ein Bewohner, du bist eigentlich ein Wesen, so wie die Priesterin, so wie ich. Wenn du willst, entdecke ich mit dir deine Talente, leite dich an, lehre dich so gut ich kann, deine verborgene Bestimmung zu entdecken.“
Der Sucher blickte die Frau ungläubig und staunend an. Die Frau sprach weiter „Du bist ein Zauberer, und du kannst ein Mächtiger deiner Zunft werden. Gemeinsam beginnen wir deine Talente zu erforschen und ich lehre dich deine Kräfte zu nutzen. Wisse, auch Wesen wie ich sind des Zauberns ein wenig mächtig. Dieses Buch – auf seine leeren Seiten schreibe deine Zauberformeln. Es gibt keine Zaubersprüche die man ablesen kann. Wahrer Zauber entsteht aus dem Zauberer. Mit diesem unscheinbaren Ast, kannst du die Kraft deines Zaubers lenken, bündeln auf das Wesen, das du erreichen willst. Lerne, nur auf Wesen kannst du einen Zauber anwenden, gelingt er ändern sich auch die Dinge in der Nähe des Wesens, je nach Zauber in die eine oder die andere Richtung.

Der Mann der einst ein Sucher war ließ sich von der Frau anleiten, schnell wurden seine Zauber mächtig, schnell konnte er mit seinem Zauber Welten erschaffen die er vorher nicht kannte. Eines Tages erkannte er die Natur der Frau. Er sprach sie an „Ich verstehe, dass du eine Reisende bist. Ich weiß, dass es deine Bestimmung ist mit Wesen dieser Welt zu leben, mal mit dem einen mal mit dem andern. Ich bitte dich nur um eines, komm immer wieder zu mir zurück, zaubere mit mir.“ Die Reisende erschrak. Ihr wurde bewusst, dass die Magie des Zauberers am Stärksten war wenn sie in seiner Nähe war, wenn er seinen Zauber auf sie richten konnte. So sehr sie seine Zauber mochte und genoss, so sehr fürchtete sie sich davor von ihm gefangen genommen zu werden. Auch wusste sie, dass die Priesterin großen Einfluss auf den Zauberer hatte und sie mit ihrem Ritus die Macht des Zauberers stärkte.

Die Reisende zog sich zurück. Sie suchte wieder stärker die Nähe der anderen Wesen, versuchte sich durch ihre Kräfte von der Magie des Zauberers zu lösen. Bald schon merkte sie, dass seine Macht so groß geworden war, dass die Zauber sie überall erreichen konnten. Sie erlebte, dass der Zauberer um sie herum neue Welten erschuf. Welten die speziell für sie und mit ihr blühten und wuchsen.

Durch die Macht der Magie war aus der alten kleinen Hütte ein Turm geworden. Eine Festung die Schutz vor den Angriffen der Bewohner bot ohne diese mit der Magie des Zauberers weg zu fegen, zu vernichten. Der Zauberer erinnerte sich noch gerne an die Zeit bei den Bewohnern und wollte sie nicht verletzen.

Die Reisende genoss die Wirkungen der Zauber und so schickte sie dem Zauberer einen Kobold. Durch den Kobold konnte der Zauberer die Energie die ihm von der Reisenden zufloss in immer neue noch mächtigere Zauber verwandeln. Die Reisende und der Zauberer genossen es, sie erlebten in einer Anderwelt die Wirkung der Zauber. Sie erlebten die Lust, die Ekstase, die Leidenschaft der Zauber in dieser Anderwelt. Der Kobold hatte ihnen diese Anderwelt erschaffen und half die Tore für die Reisende, den Zauberer und die Magie offen zu halten.
Eines Tages beschloss die Reisende sich wieder mit dem Zauberer in seinem Turm zu treffen, sie wollte die Zauber in dieser, der realen Welt erleben und genießen, sie wollte die Macht und die Zartheit spüren. Also schickte sie dem Zauberer mit einer Libelle ihre Wünsche. Der Zauberer freute sich sehr, die Reisende endlich wieder zu sehen, war die Anderwelt doch nur ein berührungsloser Ersatz für das was in dieser Welt stattfinden konnte.
Da erreichte ihn eine Nachricht von der Priesterin – sie war vergiftet worden, vergiftet von der Missgunst, dem Hass der Bewohner, sie kämpfte um ihr Leben. Der Zauberer verlies seinen Turm und machte sich auf den Weg zu dem Tempel. Er hatte all seine Bücher bei sich um der Priesterin zu helfen, um die Heilung zu ermöglichen. Am Tempel angekommen war die Priesterin weg. Niemand wusste wo sie war, wie es ihr ging. Er schickte seine Gedanken zu ihr, zu den Wesen der Welt um ihr zu erzählen, dass er nach ihr sucht. Spät in der Nacht erreichte ihn eine kleine Nachricht von der Priesterin.
Die Reisende hatte von dem Unglück erfahren, beschleunigte ihre Schritte und traf den Zauberer früher. Sie gab ihm die Kraft um die Schmerzen der Priesterin zu verstehen, sie gab ihm die Kraft einen Ort um sich und ihn zu erschaffen, der ihnen die Vertrautheit ermöglichte die sie brauchten um über die Fortschritte des Zauberers zu sprechen. Sie versprachen sich, die Erlebnisse der Anderwelt für ein späteres Treffen in ihren Herzen zu bewahren und trennten sich wieder.
In einer ganz besonderen Nacht schickte der Zauberer eine Nachricht an die Reisende, erschuf er mit Hilfe des Kobolds die Anderwelt, verzauberte er die Reisende wie nie zuvor. Im Geläut der Festglocken verwob er einen Traum der vergangenen Nacht, er wollte diese Glocken zu Ehren der Reisenden erklingen lassen, die Glocken sangen von ihm, der Reisenden und allem was sie für ihn bedeuteten. Die Glocken waren sein neuster Zauber.

Sie schrie, sie weinte, er hatte ihr weh getan.

Das Geläut der Glocken hatte sie in ihrem Glück so sehr schwingen, so sehr singen lassen, dass sie weinte.

Als der Zauberer seinen furchtbaren Fehler bemerkte war es zu spät, die Reisende war aus seiner Welt verschwunden, der Kobold winkte noch ein letztes Mal, dann war auch er nur noch eine Erinnerung.

Zornig, wütend warf der Zauberer all seine Bücher, seinen Stab ins Feuer, durch die Flucht der Reisenden waren sie nutzlos geworden. Schreiend rannte er auf die Spitze des Turmes, dort versuchte er Ausschau zu halten, versucht er eine Spur zu finden von ihr. Er spürte, dass all seine Kraft von ihm wich. Ein letzter Zauber, dieser eine noch.

Tränen des Schmerzes, der Verzweiflung flossen über seine Wangen als er diesen letzten Zauber formulierte in der Hoffnung die Schmerzen die er der Reisenden zugefügt hatte zu lindern, in der Hoffnung sie zu einer Umkehr zu bewegen. Als er den Zauber formuliert hatte und wartete spürte er, dass auch das letzte Ergebnis seiner Magie, dieser starke Turm, Stück für Stück zusammenbrach. Ein allerletztes Mal bewegte er die zaubernden Lippen…

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